Was treibt die Preise unablässig nach oben ?

Die Wertsteigerung bei Immobilien von nahezu zwei Drittel binnen sieben Jahre wirft viele Fragen auf.

Kostentreiber Nummer Eins weltweit ist die lockere Geldpolitik. Diese verursacht u.a. eine Assetinflation. Immobilien und Aktienkurse steigen weit überproportional zum realen Wirtschaftswachstum und den Einkommenszuwächsen. Die Preise für Wohnimmobilien in den sechs Städten Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt und Stuttgart in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt um mehr als 50 Prozent gestiegen. Die Einkommen stiegen dagegen im gleichen Zeitraum nur um etwas mehr als sechs Prozent (Durchschnittliches mtl. Haushaltseinkommen in Berlin liegt bei 2.301,00 €).

Kostentreiber Nummer Zwei sind die Grundstückskosten. Lagen diese im Jahr 2005 bei 10% – 15%, 2010 bei 15% – 20%, betragen sie jetzt 20% – 30% des Projektvolumens. Mitgewinner sind die Städte. Diese haben in dem oben genannten Zeitraum die Grunderwerbssteuer von 3% auf bis zu 6,5% angehoben. In Berlin reicht das Aufkommen aus dieser Steuer mittlerweile schon fast an das sonst im Durchschnitt viermal höhere Gewerbesteueraufkommen heran.

Kostentreiber Nummer Drei sind die von allen Experten in dieser Größenordnung überhaupt nicht vorhergesehenen Zuwanderungsgewinne in die Metropolenregionen (über 400.000 seit 2012, davon allein in Berlin 250.000).  Die Nachfrage nach Wohnungen übersteigt bei weitem das Angebot. Dieser Trend wird sich wahrscheinlich etwas abschwächen, aber er wird insgesamt nicht umgekehrt werden.

Kostentreiber Nummer Vier ist die Energieeinsparverordnung. Je nach Gutachtermeinung liegen hier die Mehrkosten zwischen 11% und 20% der Bauwerkskosten. Lag der Anteil der Bauwerkskosten für den Rohbau um 2000 noch bei 54% und der Ausbau bei 46%, so ist es heute genau umgekehrt. Das Problem: Immer höhere Anforderungen an die energetischen Standards  treiben die Kosten unverhältnismäßig zu den noch zu erzielenden Einsparpotenzialen. Lagen die Kosten bis zur ENEV 2014 noch bei 86,00 €/qm für ein Einsparpotenzial von 46kWh/qm, so liegen die Mehrkosten heute für die Einsparung  von ca. 4 kWh/qm bei über 100,00 €/qm. ( Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V., Dietmar Walberg). Die Grenze der wirtschaftlichen Vertretbarkeit insbesondere für den mehrgeschossigen Wohnungsbau ist demnach mit der ENEV 2014 bereits erreicht. Mit der ENEV 2016 ist sie nicht mehr gegeben.

In Summe ergeben allein diese Kostensteigerungen eine Mieterhöhung um ca. 2,00 € bis 3,00 €/qm Wohnfläche.

Hinzu kommen deutliche Steigerungen der Baukosten um über 15% wie auch der Baunebenkosten für Planungsleistungen (Folgen der HOAI Novellierung 2013 ff.).

Erwähnt werden müssen zudem gestiegene Schallschutzanforderungen, Brandschutzanforderungen, Infrastrukturabgaben, besondere Maßnahmen für barrierefreies Wohnen, gestiegene Ansprüche an die Außenanlagen, zusätzliche Beratungskosten und erhöhter Abstimmungsbedarf mit den Genehmigungsbehörden bis zur Baugenehmigung.

Wer steht auf der Verliererseite ?

Wie unter diesen Bedingungen „bezahlbares Wohnen“ für breite Schichten der Bevölkerung realisiert werden soll, wird heftig diskutiert. Verlierer sind ganz klar die mittleren Einkommen und die junge Generation, die sich zunehmend ein Leben in der Stadt oder gar eine Familiengründung nicht mehr oder nur unter großen Opfern leisten können.  In Berlin kostet eine 100 qm Wohnung im Schnitt mehr als das 15-Fache des durchschnittlichen Nettojahreseinkommens. In München bereits das 21-fache. Auch auf der Mieterseite sind die Steigerungen von zehn Prozent in den letzten beiden Jahren „schleichendes Gift“, das durch eine weitgehend wirkungslose Symbolpolitik der Bundesregierung eher noch verschärft wird.

Von der neuen Wohnungsfrage wie von dem Immobilienboom wurden alle Parteien in den letzten Jahren kalt erwischt.

Trends

Trend 1: Zusammenrücken

Wenn alle Berliner heute wieder mit dem Flächenverbrauch von 1980 auskämen, würde nach Berechnungen des Vorstandes der Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ ca. 15% mehr Wohnraum zur Verfügung stehen. Damit wären alle Probleme gelöst – theoretisch. Richtig daran ist, dass in Zukunft wieder enger gewohnt oder auch länger zusammen gewohnt wird. Für die Architektur sind neue Raumteilungen und Wohnungstypologien eine Herausforderungen, die diese sozialen Themen aufgreifen. Baugruppen wie auch Genossenschaften bietet sich die Chance, neue Modelle des Zusammenlebens auch  am Markt umzusetzen. Wie hoch hier die Nachfrage ist, sieht man an den Investorenkonzepten zu „Mikrowohnungen“.

Trend 2: Hinaus auf die grüne Wiese

Dieser Trend wird wieder deutlich zunehmen und lange Fahrtzeiten werden wohl in Kauf genommen werden. Viele die sich die Stadtlagen nicht mehr leisten können, werden verstärkt nach Alternativen Ausschau halten. Der Speckgürtel wird breiter werden und entlang von Bahnlinien mit gutem Anschluss werden die Kommunen überdurchschnittlich wachsen. Die Herausforderung wird darin bestehen, dass hier nicht die alten Suburbs oder neue Trabantenstädte rekonstruiert werden, sondern neue Formen von Communities entstehen. Eine Herkulesaufgabe ! Für die Zentren stellt diese Entwicklung die Frage nach neuen Modellen für die soziale und architektonische Durchmischung und die Zukunft der Verkehrsströme (Schiene, Elektromobilität).

Trend 3: Hochhäuser

In den Metropolen wird an neuer Hochhausplanung gearbeitet. Dabei geht es nicht um sozialen Wohnungsbau, sondern um Luxustürme im Preissegment zwischen 5.000,00 €/qm  und 10.000 €/qm. Eine Lösung für den angespannten Wohnungsmarkt sind sie eher nicht. Eine soziale Durchmischung findet hier faktisch nicht statt. Die gated communities wachsen nun in die Höhe.

Trend 4: Neuer sozialer Wohnungsbau und Rückkauf

Nachdem in dem vergangenen Jahrzehnt die Städte massiv Wohnungen aus eigenem Bestand verkauft haben, ist nun die Zeit des Zurückkaufens angebrochen, allerdings zu deutlich anderen Konditionen. Ebenso muss der kommunale Wohnungsbau deutlich gesteigert werden. Da die Kommunen versäumt haben, Flächen vorzuhalten, ist hier bereits ein Engpass offensichtlich. Dieser wird sich noch in den nächsten Jahren verstärken. Die Unterversorgung von Durchschnittshaushalten wird noch zunehmen. Darüber hinaus steht zu befürchten, dass sich soziale Brennpunkte in einer neuen Form von Mietskasernen herausbilden werden.

Trend 5: Nachverdichtung

Allein das Wort löst schon Proteste aus. Umso mehr die Versuche, derartige Projekte durchzusetzen. Hier ist an erster Stelle die Politik in der Verantwortung. Die Einführung einer neuen Baugebietskategorie „urbane Gebiete“ könnte etwas Spielraum schaffen. Die Frage ist eher die des politischen Willens vor Ort bei der Umsetzung. Daran mangelt es aus Angst vor den Konflikten. Theoretisch wäre es jedoch nun möglich, an der Mischung der Funktionen Wohnen, Arbeiten, Freizeit zu arbeiten und moderne städtische Quartiere zu schaffen anstelle von neuen Schlafstädten. Hier gibt es viel zu tun.

Trend 6: Baukostenreduzierung

Beeinflussbare Kostentreiber beim Neubau sind vor allem die kommunalen Auflagen. Deshalb wird wieder viel über deren Sinnhaftigkeit diskutiert (u.a. Bündnis für bezahlbares Wohnen). Im Prinzip kann man günstiger Bauen, wie dies andere Länder in Europa vormachen. Serielles Bauen mit neuen Technologien könnte eine Lösung sein wie auch das Weglassen von Kellern, Tiefgaragen und der Bau kleinerer Wohnungen für junge Familien mit massiver Standardabsenkung. Aktuell liegt die durchschnittliche Kostenmiete im Sozialen Wohnungsbau in Berlin bei 13,20 €/qm. Die tatsächlichen Mieten im Sozialen Wohnungsbau liegen bei 6,86 €/qm. Eine Mietsubvention von über 6,00 €/qm, ob über Staatssubventionen oder erzwungener privater Querfinanzierung kann man getrost utopisch nennen.

Schlussfolgerung:

Dass alle eingangs genannten Kostenfaktoren gleichzeitig auf den Prüfstand gestellt und beeinflusst werden können, ist ebenfalls utopisch. Aber vielleicht würde es schon reichen, an einigen nach zu justieren und Bedenkenträger und Lobbyisten einmal vor die Tür zu setzen.